Mit dem Wohnmobil in die Toskana
Vor wenigen Jahren entschlossen mein Mann, unsere zu der Zeit 15 und 18 Jahre alten Kinder und ich uns, mit dem Wohnmobil in die Toscana zu reisen. Es sollte kein typischer Toscanatrip ala Joschka Fischer sein, sondern eine Thermen-Tour, bei der wir nicht nur die wunderschöne Landschaft genießen, sondern gleichzeitg unserer Gesundheit etwas Gutes tun wollten. Wir hatten in einem Reisebericht von den wohltuenden Thermen gelesen, die von der Natur geschaffen und von eingreifenden Menschenhänden weitestgehend verschont geblieben sind. Nach einem Abstecher über Pisa, der sich auf jeden Fall gelohnt hat, schon wegen der Eisspezialitäten, die weit entfernt vom berühmten Turm auch angeboten werden, machten wir uns auf den Weg an der Küste entlang bis Grosseto. Unser Campingführer hat uns gute Dienste erwiesen, konnte er doch meist zuverlässig Auskunft darüber geben, an welchen Stellen wir unser Wohnmobil nicht nur abstellen sondern, auch Wasser nachfüllen und uns „entsorgen“ konnten. Dieses sei gleich vorne weg gesagt. Mit Entsorgungsplätzen für Wohnmobile ist die Toscana nicht gerade reich bestückt. So stellten wir unsere Route nach wenigen Tagen auch im Hinblick auf die begehrten Plätze ein. Denn wenig macht das Leben im Wohnmobil unangenehmer als wenn der Wassertank leer und die Chemietoilette voll ist. Urlaub auf so engem Raum mit zwei pubertierenden Teenagern kann sehr anstrengend sein.
Kluge Eltern bauen vor und lassen wenigstens eins ihrer Kinder lange vorher ( wegen der Fahrpraxis ) einen Motorradführerschein machen. Das Familiengefährt konnte fast mühelos hinten am Wohnmobil befestigt werden, und bei Bedarf zum Einsatz kommen. Dies war immer dann der Fall, wenn die Luft für vier im Wohnmobil zu dick wurde, und der Freiheitsdrang der jungen Leute ausgelebt werden musste. So konnten auch wir Eltern die ein oder andere Tour machen, zu der die Kinder keine Lust hatten. Unser erster längerer Aufenthalt war für Saturnia im Herzen der Toscana geplant. Hier sollte es terassenartige Thermen geben, von denen im Reiseführer so sehr geschwärmt worden war. Und tatsächlich: es war ein einmailges Erlebnis. Nachdem wir endlich einen Stellplatz für unser Wohnmobil gefunden hatten (freundliche Einheimische hatten uns per Zeichensprache einen zwar eigentlich verbotenen, aber nur selten kontrollierten Platz direkt neben den Thermen gezeigt), hatten wir nur noch den einen Wunsch, uns endlich in den warmen, kasskadenartigen Wasserfällchen zu aalen. Es war ein Hochgenuss, sich wie in einer Badewanne – das Wasser ist überall nur knietief und 37 ° warm – auszustrecken und sich von oben Wasser in den Nacken rieseln zu lassen. Die Fläche, über die sich die Kasskaden erstrecken, ist vielleicht etwa von Freibadgröße.
Nur ist diese nicht quadratisch, praktisch, gut, sondern von der Natur geformt, in einer einmalig schön gelegenen, hügeligen Landschaft. Sogar unsere Kinder, die sich nicht so einfach für alles begeistern lassen, was wir Erwachsenen gut finden, schwärmen noch heute von diesem Erlebnis. Die einzelnen Becken sind durch Stufen voneinander getrennt, so dass man durch Klettern von einem ins andere gelangen kann. Hier findet man immer eine etwas andere Temperatur vor, und der Druck des Wasserfalls ist massagetechnisch gesehen von angenehmster Abwechslung. So ganz bewegungseingeschränkt darf man allerdings nicht sein, sonst sind die ziemlich glitschigen Stufen von Becken zu Becken ein echtes Hindernis. Für die normal von Rückenschmerzen Gebeutelten jedoch ist es ein wahrer Genuss, sich stundenlang in diesen warmen Gewässern aufzuhalten, zumal die Stimmung hier so entspannt ist, und es immer mindestens eine helfende Hand gibt. Nach 3 Tagen nahmen wir Abschied, denn wir hatten uns noch andere Thermen vorgenommen zu besuchen. Unser nächstes Ziel war Bagni di Petrioli. Schwerer Schwefeldunst wies uns den Weg zu diesen Thermen. Von der Straße aus nur durch die vielen parkenden Autos zu erkennen, sind die übergroßen Badewannen am Flussufer gelegen, gut versteckt und vor Straßenlärm geschützt durch hohe Bäume. Es ist klüger, sich nicht wahllos, vom nächstgelegenen oder einzig freien Platz in einem der großen Becken anziehen zu lassen ( jedes Becken hat etwa doppelte Wannengröße, wie wir sie von zu Hause kennen ). Wir hatten das Glück, auf einen sehr hilfsbereiten Insider zu treffen, der uns in die Geheimnisse „seiner“ Thermen einwies. So hatten die 4 verschiedenen Becken unterschiedliche Temperaturen, von angenehmen 37° bis gewöhnungsbedürftige 40°.
Ein langsames Steigern war also ratsam. Zwischendurch sprangen wir immer mal wieder in den kalten Fluss, was einen prickelnden Saunaeffekt hatte. Einen touristenfreundlichen Stellplatz gab es hier für uns nicht, wie das so ist bei „Geheimtipps“. Wie alle anderen verbrachten wir also die Nacht in unserem Gefährt an der Straße, und konnten so auch noch etwas vom Nachtleben an dieser Therme miterleben. Es war ein reges Treiben, das sich da im stockdunklen Tal bot. Ein bisschen unheimlich war uns schon, bis wir erkannten, dass diese jungen Leute genauso froh waren, nachts nicht gestört zu werden wie wir. Der leicht süßliche Duft, der über den Waldweg zu uns drang, vermischte sich mit dem alles überlagernden Schwefelgeruch, der noch Wochen nach der Reise aus diversen Kleidungsstücken oder Putzlappen an unseren Urlaub in der Toscana erinnerte. Hier blieben wir nicht so lange wie in Saturnia.
Schließlich hatten wir noch eine Station auf unserem Tourplan. Ein paar Kilometer entfernt Richtung Siena ( sorry, keiner von uns kann sich an den Namen erinnern) sollte eine unterirdische Therme sein, zu der ein Fahrstuhl die Gäste bringe. Wahlweise könne man auch in den Katakomben Kammern aufsuchen, die sich durch besonderes Klima günstig auf die Atemwege auswirken. Leider kam es nicht zu diesem Besuch, weil der Preis von 40 € pro Person (!!!) indiskutabel war. Zum Trost gönnten wir uns dann noch vor der Heimreise einen Abstecher nach Siena, worüber eigentlich ein Extraartikel zu schreiben wäre. Nur so viel an dieser Stelle: tief beeindruckt von den stilvollen Bauwerken allein in der Innenstadt von Siena, haben wir auf dem berühmten Marktplatz von einem überaus charmanten Kellner den wohl teuersten Cappucino unseres Lebens bestellt ohne es so recht zu merken. Aber auch solche Erfahrungen gehören zu einer Reise, von deren Erinnerungen wir noch immer zehren. Eines steht fest: die Toscanischen Thermen in Saturnia werden wir noch einmal besuchen.