Prato in der Toskana
Für die Toskana hat jeder, der schon einmal dort war, einen Geheimtipp – und dann fällt immer wieder der Name Prato, nur 20 Kilometer von Florenz entfernt, mit 160.000 Einwohnern.
Prato, das „Lumpenzentrum Europas“, wegen der Textilindustrie so genannt, hat eine solch traditionsreiche Geschichte, die mehrere dicke Geschichtsbücher füllen würde und schon hat.
In der Kurzbeschreibung beginnt man mit dem historischen Zentrum, das als unregelmäßiges Sechseck im Mittelalter angelegt wurde und noch bis heute fast unverändert erhalten ist. Schon früh erkannte man, dass dieses Juwel erhalten werden muss, und so verbannte man den gesamten Verkehr aus der Innenstadt und machte es zur Fußgängerzone. Hier sind alle wichtigen Textilunternehmen vertreten, so dass man auf kleinstem Raum alles Modische finden kann – allerdings sind die Preise auch dementsprechend.
Um alle Sehenswürdigkeiten Prados zu erfassen, bietet man dem Besucher sechs verschiedene Stadtrundgänge an, so dass jeder sich das aussuchen kann, was ihn interessiert. Stadtrundgang „Mittelalter“: Kaiserburg, Dom, Kathedrale Santo Stefano, Palazzo Pretorio, Palazzo Datini, Konservatorium und Kloster San Niccolo‘, Abtei San Fabiano, Kirche und Kloster San Domenico, Kirche Sant’Agostino, Kirche San Francesco und die Stadtmauer.
Wer es noch klerikaler will, der sollte am Stadtrundgang „Wallfahrtsstätten“ teilnehmen: Madonna Del Giglio, Basilika Santa Maria delle Carceri, Kathedrale Santo Stefano (Dom), Santa Maria della Pietà, Wallfahrtsstätte Santa Maria del Soccorso. Stadtrundgang „Renaissance“: Basilika Santa Maria delle Carceri, Fresken von Di Filippo Lippi und Paolo Uccello, Palazzo degli Spedalinghi, Oratorium San Ludovico.
Stadtrundgang „Großherzogtum“: Case Nuove, Kloster San Vincenzo und Santa Caterina De‘ Ricci, Santa Maria della Pietà, Santa Maria del Soccorso, Konservatorium und Kloster San Niccolo‘, Konvent Cicognini. Stadtrundgang „Neoklassik“: Konservatorium und Kloster San Niccolo‘, Konvent Cicognini, Piazza del Comune e Palazzo del Comune (Rathaus), Roncioniana Bibliothek. Wer seinen Wissensdurst immer noch nicht gestillt hat, der kann auch die ca. 20 Museen von Prato aufsuchen: Zentrum für zeitgenössische Kunst, Museo Civico (Städtisches Museum mit den Kunstschätzen der Stadt), Palazzo Comunale (Gemäldegalerie), Museum der Domanlage (Kanzel von Donatello), Museo del Tessuto (Textilmuseum), Museo della Deportazione e Centro di Documentazione della Deportazione e Resistenza (ein politisches Museum, das dem Widerstand gegen den Faschismus gewidmet ist), Parco Museo Quinto Martini (Wunderschöne Steinskulturen verschiedener Bildhauer), Archäologisches Museum Artiminio, Museo della Vite e del Vino (das Weinmuseum ohne Verkostung), Zentrum der Naturwissenschaften, Museumswerkstatt von Terrigoli (von der Mühle bis zur Fabrik), Museum der Abtei von Vaiano (alles über das Leben der Mönche), Galleria degli Alberti (Kunstgalerie), Museo di Luicciana (moderne Kunst), Museo di Scienze Planetarie (Planetarium).
Wer nach so viel Kunst und Geschichte Hunger bekommen hat, der sollte das „Nationalgericht“ von Prato bestellen: „Stangensellerie auf Prateser Art“ („sedano alla pratese“). Sie können absolut sicher sein, dass nur die zartesten Selleriestangen ausgesucht werden. Diese werden extrem kurz in Wasser abgebrüht, mit einem Teig aus Hühnerleber, Kalbshackfleisch, Eigelb und Kräutern gefüllt, in Öl gebraten und mit Fleisch- oder Tomatensauce übergossen. Einmal muss man es gegessen haben, denn es schmeckt sensationell gut. Jetzt fehlt noch etwas ganz Besonderes: die „Biscottini di Prato“ (Kekse, die aus Weizenmehl, Wasser, Eiern und süßen Mandeln hergestellt werden. Das Besondere ist aber, dass sie in den süßen „Vinsanto“ getunkt werden. Probieren muss es einfach.
Zum Schluss noch eine Empfehlung, die für Feinschmecker eine Reise nach Prato wert ist: das Olivenöl Extra Vergine. In der Fachwelt wird dieses Olivenöl als eines der besten der Welt bezeichnet. Es ist zwar extrem teuer, aber sein Geschmack ist es allemal wert. Dasselbe gilt auch für die Weine: Carmignano DOC, der Ruspo, Pinot Nero und der Vinsanto (das ist der, in den die Prateser ihre Kekse eintunken). Wer jetzt Lust auf Prato bekommen hat, der sollte sich einen Kulturreiseführer kaufen und wenigsten etwas Planung betreiben – sonst wird man von dieser Stadt im positiven Sinne erschlagen.